Versorgungsausgleich

  • 1. Überblick

      Mit dem Versorgungsausgleichsgesetz, dass in seiner jetzigen Form am 1.9.2009 in Kraft getreten ist, soll erreicht werden, dass es zu einer für die Eheleute gerechten Teilhabe an den in der Ehe erworbenen Versorgungsanrechten kommt. Die erworbenen Anrechte aus verschiedenen Versorgungssystemen sollen „systemintern“ geteilt werden. Damit erwirbt der Ausgleichsberechtigte ein Anrecht in genau dem System in dem der Ausgleichspflichtige Ansprüche erworben hat.

      Alle Regelungen, die einen Versorgungsausgleich betreffen, wurden im Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) zusammengefasst.

      Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung führt die Strukturreform zum Versorgungsausgleich dazu, dass die Arbeitgeber bzw. deren Versorgungsträger weitaus mehr mit einbezogen werden, als dies beim „alten“ Recht des Versorgungsausgleiches der Fall war. Es genügt heute nicht mehr das Familiengericht nur über eine bestehende BAV zu unterrichten. Der Versorgungsträger muss nach dem neuen Versorgungsausgleichsgesetz einen konkreten Vorschlag für die Aufteilung der Versorgungsanwartschaft auf die beiden Ehegatten unterbreiten.

  • 2. Begrifflichkeiten – Wer ist Versorgungsträger?

      Bei den versicherungsförmigen Durchführungswegen der betrieblichen Altersversorgung (Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds) und bei dem Durchführungsweg der Unterstützungskasse ist die Versorgungseinrichtung (sprich die Versicherung/ Pensionskasse/Pensionsfonds/Unterstützungskasse) selbst der Träger der Versorgung (=Versorgungsträger). Hier ist zu beachten, dass für die Durchführung aller Berechnungen und die Vorlage des Teilungsvorschlages für das Familiengericht einzig und allein der Versorgungsträger selbst verantwortlich ist.

      Bei dem Durchführungsweg der Direktzusage/Pensionszusage ist der Versorgungsträger der Arbeitgeber. Das bedeutet, in diesem Fall hat der Arbeitgeber alle Unterlagen dem Gericht zur Verfügung zu stellen. Hierbei wird er sich in aller Regel von einem Gutachter unterstützen lassen, der für ihn die Berechnungen durchführt.

  • 3. Grundsätze, die für den Versorgungsausgleich zu beachten sind.

      Bei unserer Darstellung werden wir uns auf die wesentlichen Grundzüge bei einem Versorgungsausgleich im Durchführungsweg der Pensionszusage beschränken.

      Was ist auszugleichen?

      Laut Gesetz sind auszugleichende Anrechte sowohl Anwartschaften als auch laufende Versorgungsleistungen aus einer Pensionszusage, die der Absicherung im Alter und bei einer vorzeitigen Berufsunfähigkeit dienen. Hinterbliebenenanwartschaften sind ebenfalls mit einzubeziehen. Es gilt der Halbteilungsgrundsatz. Das bedeutet die Anrechte sind hälftig zu teilen. Dies betrifft allerdings nur solche Anrechte, die bis zum Ende der Ehezeit die Unverfallbarkeitsfristen nach § 1b BetrAVG erfüllt haben. Unter den Versorgungsausgleich fallen Rentenzusagen und Kapitalzusagen.

      Hinweise für die Praxis:

      Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern, die nicht unter den Geltungsbereich des BetrAVG fallen, ist maßgebend die vertragliche Vereinbarung. Das bedeutet, wenn aufgrund einer vertraglichen Regelung die Unverfallbarkeit zum Ende der Ehezeit gegeben ist, sind solche Anrechte ebenfalls aufzuteilen.
      In aller Regel ist hier eine sofortige vertragliche Unverfallbarkeit vereinbart.

      => Für größere Bestände empfiehlt sich die Erstellung einer „Teilungsordnung“, die dann vom jeweiligen Familiengericht nur umzusetzen ist. Hier kann das Unternehmen im Vorfeld die Rahmenbedingungen festlegen und sich vor unliebsamen Überraschungen schützen.

      => In kleineren GmbH´n mit Pensionszusagenbestand sind entsprechende notarielle Vereinbarungen, in Friedenszeiten geschlossen, zu empfehlen.

      Wann kann ein Ausgleich entfallen?

      Das Familiengericht kann von einem Versorgungsausgleich absehen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

      • Ehezeit beträgt weniger als drei Jahre
      • Ehepartner haben den Versorgungsausgleich untereinander geregelt und eine diesbezügliche Vereinbarung liegt vor (beurkundet von einem Notar)
      • Der Ausgleich liegt unter der Geringfügigkeitsgrenze
      • Es bestehen Anrechte gleicher Art bei den Eheleuten, deren Differenz gering ist.

      Geringfügigkeit liegt vor, wenn der Rentenbetrag unter 1% der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV liegt bzw. der Kapitalwert kleiner als das 1,2-fache dieser Bezugsgröße ist.

      Wie ist zu teilen?

      Grundsätzlich wird zunächst immer die interne Teilung angestrebt. Das bedeutet, dass Versorgungsanrechte im Versorgungssystem der ausgleichspflichtigen Person (also intern) geteilt werden sollen. Der Ausgleichsberechtigte erhält somit im Versorgungssystem (beim gleichen Versorgungsträger) des Ausgleichsverpflichteten ein eigenes Anrecht.

      Eine externe Teilung, also die Begründung eines Anrechts bei einem anderen Versorgungsträger, ist laut Gesetz nur in Ausnahmefällen zulässig.

      Interne Teilung:

      Im Falle einer internen Teilung hat der Versorgungsträger (= Arbeitgeber bei Pensionszusage) für die ausgleichberechtigte Person ein eigenes Anrecht in Höhe des Ausgleichswertes zu Lasten der ausgleichverpflichteten Person einzurichten (Hinweis: Die Pensionszusage wird somit beim Ausgleichsverpflichteten gekürzt).

      Der Ausgleichswert repräsentiert zunächst ein Anrecht mit den gleichen Leistungskomponenten der Pensionszusage des Verpflichteten. Der Versorgungsträger (= Arbeitgeber bei Pensionszusage) hat hier allerdings das Recht zu entscheiden, ob er wirklich alle Risikokomponenten (Invalidität und Tod) in die Pensionszusage für die ausgleichsberechtigte Person mit aufnehmen will oder ob er sich beschränken möchte auf eine reine Altersrentenzusage. Diese Beschränkung muss allerdings bei der Höhe der Pensionszusage beachtet werden. Es muss ein Ausgleich für den Wegfall der Risikokomponenten geschaffen werden (Wegfall Risiko bedeutet Erhöhung der Altersrentenleistung).

      Für das Anrecht der ausgleichsberechtigten Person gilt das BetrAVG. Beim Versorgungsträger (Arbeitgeber bei Pensionszusage) wird der/die Ausgleichsberechtigte als mit gesetzlich unverfallbarer Anwartschaft als „Ausgeschiedene/-r Versorgungsberechtigte geführt. Für die im Zuge der Ehescheidung an die ausgleichsberechtigte Person „erteilte“ Pensionszusage müssen jährlich die Pensionsrückstellungen ermittelt werden. Die Versorgung ist gesetzlich gegen eine mögliche Insolvenz geschützt. Es sind jährlich Beiträge an den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV a.G.) zu zahlen. Des Weiteren besteht in der Rentenbezugsphase ein Anspruch auf eine Anpassung der Versorgungsleistungen nach § 16 BetrAVG.

      Die bei der internen Teilung entstehenden Kosten des Versorgungsträgers (Verwaltung einer weiteren Zusage, Kosten für jährliche Bilanzgutachten usw.) kann er im angemessenen Umfang mit den Anrechten beider Ehegatten verrechnen. Das Gesetz lässt offen, in welcher Höhe die Kosten angesetzt werden dürfen.

      Externe Teilung:

      Der Versorgungsträger (Arbeitgeber) kann unter bestimmten Voraussetzungen eine externe Teilung einseitig verlangen.

      • Generell unabhängig vom Durchführungsweg, wenn der Ausgleichswert für die Rentenzusage höchstens 2% der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV erreicht bzw. der Kapitalbetrag nicht größer als das 2,4-fache der monatlichen Bezugsgröße ausmacht.
      • Bei Pensionszusage und Unterstützungskasse ist einseitig die externe Teilung auf Verlangen des Versorgungsträgers sogar möglich, wenn der Ausgleichswert als (korrespondierender) Kapitalwert die Höhe der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung am Ende der Ehezeit nicht übersteigt.

      Eine externe Teilung kann auch dann durchgeführt werden, wenn sich der Ausgleichsverpflichtete und der Ausgleichsberechtigte unabhängig von der Höhe des Ausgleichswertes auf eine externe Teilung einigen.

      Liegen genannte Fälle nicht vor, so kann weder der Versorgungsberechtigte noch der Versorgungsträger eine externe Teilung verlangen.

      Bei der externen Teilung hat der Versorgungsträger (= Arbeitgeber bei der Pensionszusage) den Ausgleichswert als Kapitalbetrag (Übertragungswert nach § 4 BetrAVG) an den vom Ausgleichsberechtigten bestimmten Versorgungsträger (Zielversorgung) auszuzahlen. Die originäre Pensionszusage des Ausgleichsverpflichteten wird entsprechend gekürzt.

      Zu diesem Zeitpunkt endet die Verpflichtung des Versorgungsträgers gegenüber der ausgleichsberechtigten Person.

      Als Zielversorgung kommen beispielsweise die „Riester Rente“ oder eine Direktversicherung/Pensionskasse/Pensionsfonds (wenn z.B. schon ein Vertrag besteht, der aufgestockt werden kann) oder die gesetzliche Rentenversicherung in Betracht. Eine ungeförderte private Rentenversicherung kommt aus steuerlicher Sicht eher weniger in Frage. Die Zahlung des Kapitals darf nämlich nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen bei der ausgleichspflichtigen Person führen, es sei denn er ist damit einverstanden. Von der Gesetzgebung ebenfalls vorgesehen ist die „Versorgungsausgleichskasse“ (eine eigens hierfür gegründete Pensionskasse).

      Bei der externen Teilung fallen keine Kosten an.

  • 4. Schritte für einen Ausgleichsvorschlag bei einer bestehenden Pensionszusage für einen aktiv Tätigen

      Vollanspruch ermitteln: Leistungen bei Eintritt von Versorgungsfällen wie sie in der Pensionszusage vorgesehen sind.

      • Ehezeitanteil ermitteln:
        • Betriebszugehörigkeit Ehezeitanfang/Ehezeitende
        • Mögliche Betriebszugehörigkeit insgesamt
        • Quotient aus beiden = Anteil zum Ehezeitende bezogen auf den Vollanspruch
      • Kapitalwert des Anteils zum Ende der Ehezeit ermitteln:
        • Barwert für Anwartschaft aus Ehezeit (vom Gutachter zu ermitteln/gemäß Handelsrecht)
      • Ausgleichswert ermitteln (vor Kosten bei interner Teilung):
        • Hälftiger Kapitalwert
      • Teilungsvorschlag:
        • Interne Teilung oder externe Teilung
      • Teilungskosten und Ausgleichswert nach Kosten (nur bei interner Teilung) ermitteln.
      • Pensionszusage vom Ausgleichsverpflichteten nach Teilung neu erstellen (Höhe der Leistungen wird niedriger)
      • Bei interner Teilung Pensionszusage für Ausgleichsberechtigten erstellen.
  • 5. Vor- und Nachteile von interner und externer Teilung

      Bei einer internen Teilung entsteht dauerhaft Verwaltungsaufwand für den Versorgungsträger des Ausgleichverpflichteten. Ebenso werden Kosten für Beiträge an den PSV a.G. und für die Anpassung von laufenden Versorgungsleistungen nach § 16 BetrAVG fällig.

      Bei größeren Beständen werden diese Kosten eher nicht ins Gewicht fallen, wohl aber bei kleineren Unternehmen. Bei der externen Teilung sollte der Kapitalabfluss (es wird eine Einmalzahlung fällig) in die Überlegungen mit einbezogen werden. Bei größeren Beträgen oder Beständen ist eine Liquiditätsplanung notwendig.

      Bei der externen Teilung entfällt nach Auszahlung des Kapitalbetrages die Verpflichtung des Versorgungsträgers (des Ausgleichsverpflichteten) gegenüber der ausgleichberechtigten Person. Die Pensionszusage des Ausgleichberechtigten wird reduziert, was zur Folge hat, dass sich die Rückstellungen für die originäre Zusage auch reduzieren.

      Im Bereich der Gesellschafter-Geschäftsführer-Versorgung ist unseres Erachtens in aller Regel auch im Hinblick auf Verkauf und Nachfolgeregelung eine externe Teilung anzustreben.