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1. Insolvenz eines Unternehmens
Ein Insolvenzverfahren muss nicht in jedem Fall zur Auflösung und Löschung des Unternehmens führen. Die Insolvenzordnung sieht – im Gegensatz zur früheren Konkursordnung – durchaus die Sanierung eines vorübergehend in Liquiditätsproblemen steckenden Unternehmens als Ziel an. Bei kleinen Unternehmen dürfte das Insolvenzverfahren jedoch überwiegend zur Abwicklung führen.
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2. Insolvenzschutz
Insolvenzsicherung für den Personenkreis, der unter den Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes fällt – gesetzlicher Insolvenzschutz.
Im Insolvenzfall behält ein Versorgungsberechtigter, der unter den Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) fällt seine Anwartschaften bzw. seine Ansprüche, sofern seine betriebliche Altersversorgung nach den Vorschriften des BetrAVG gesetzlich unverfallbar war.
An die Stelle des Arbeitgebers tritt per Gesetz der Pensions-Sicherungs-Verein a.G. (PSVaG) und erfüllt die vom Arbeitgeber ursprünglich zugesagten Versorgungsleistungen bis zu einem fest vorgegebenen Maximalbetrag. Die finanziellen Mittel für die Durchführung dieser gesetzlichen Insolvenzsicherung erhält der PSVaG durch Beitragseinnahmen. Ein Arbeitgeber, der betriebliche Altersversorgung eingerichtet hat, ist gesetzlich verpflichtet für unverfallbare Anwartschaften und laufende Pensionsleistungen jährlich Beiträge an den PSVaG zu entrichten. Basis für die Bestimmung des Beitrages sind die jährlich neu festgelegte Beitragsbemessungsgrundlage (abhängig von den Insolvenzquoten deutscher Unternehmen) und der jeweilige Beitragssatz.
Gesichert werden vom PSVaG die betriebliche Altersversorgung im Durchführungsweg „Pensionszsuage“, „Unterstützungskasse“ und „Pensionsfonds“. Die Direktversicherung nur in Ausnahmefällen (Beleihung) und die Pensionskasse überhaupt nicht.
Weiterführende Hinweise zum „gesetzlichen“ Insolvenzschutz finden Sie unter www.psvag.de.
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3. Beherrschender GGF – Privatrechtlicher Insolvenzschutz
Der beherrschende Gesellschafter–Geschäftsführer unterliegt nicht dem Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes. Insofern gilt für ihn auch nicht der gesetzliche Insolvenzschutz.
Hier ist es zwingend erforderlich eine privatrechtliche Insolvenzsicherung zu vereinbaren. Als privatrechtliche Absicherung ist die Verpfändung der Leistungen aus einer Rückdeckungsversicherung geeignet und auch höchstrichterlich anerkannt (vgl. hierzu die Urteile des BGH vom 10.07.1997 (IX ZR 161/96) und vom 07.04.2005 (IX ZR 138/04).
Das zusagende Unternehmen schließt zur Absicherung der Pensionszusage eine Rückdeckungsversicherung ab. Zur Sicherung der Ansprüche aus der Pensionszusage werden die Leistungen aus der Rückdeckungsversicherung an den beherrschenden GGF und seine versorgungsberechtigten Hinterbliebenen verpfändet. Diese Verpfändung wird per Vereinbarung vorgenommen (Mustertexte stellen die Versicherer zur Verfügung) und muss dem Versicherer ordnungsgemäß angezeigt werden. Auf eine Rückbestätigung des Versicherers zur Verpfändung sollte dringend geachtet werden. Nur dann kann von einer Rechtswirksamkeit der Verpfändung ausgegangen werden.
Bitte beachten Sie, dass die Verpfändung möglichst schon bei Erteilung der Zusage eingerichtet werden sollte und nicht erst dann, wenn bereits damit gerechnet werden kann, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Dann kann nämlich der Insolvenzverwalter das Pfandrecht anfechten.
Eine Rückdeckungsversicherung, die nicht verpfändet ist, wird mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens in die Insolvenzmasse fallen und damit der Befriedigung von Gläubigern dienen.
Sofern allerdings eine Verpfändung existiert begründet diese für den Versorgungsberechtigten (Pfandgläubiger) einen Schutz vor der Verwertung der Rückdeckungsversicherung.
Weiterhin ist dann zu unterscheiden, ob bereits die Pfandreife (Versorgungsfall) eingetreten ist, oder ob die Insolvenz des zusagenden Unternehmens während der Anwartschaftszeit (vor Eintritt der Pfandreife) eingetreten ist.
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4. Insolvenz vor Eintritt der Pfandreife
Tritt die Insolvenz des Unternehmens während der Anwartschaftszeit ein, so liegt noch keine Pfandreife vor, da der Versorgungsberechtigte zu diesem Zeitpunkt aus der Pensionszusage noch keine Leistungen verlangen kann.
Gemäß Rechtsprechung (BGH Urteil vom 07.04.2005 IX ZR 138/04) ist der Insolvenzverwalter bei nicht vorliegender Pfandreife berechtigt, den Rückkaufswert der Versicherung einzuziehen. Gleichzeitig ist der Insolvenzverwalter aber auch verpflichtet, den Erlös in Höhe der zu sichernden Forderung (vgl. § 45, Satz 1 InsO) zu hinterlegen bis die zu sichernde Forderung aus der Versorgungsanwartschaft fällig wird oder die Bedingung entfällt. Damit steht der Erlös der Rückdeckungsversicherung nicht für die Befriedigung anderer Gläubiger zur Verfügung. Dies kann erst dann der Fall sein, wenn die Verpflichtung entfällt.
Der Insolvenzverwalter ist selbstverständlich nicht verpflichtet, die Rückdeckungsversicherung rückzukaufen. Im Interesse aller Beteiligten dürfte die beitragsfreie Weiterführung der Versicherung die übliche Vorgehensweise darstellen. Wird die Versicherung beitragsfrei weitergeführt und werden zu einem späteren Zeitpunkt die Leistungen aus der Pensionszusage fällig, können der/die Versorgungsberechtigte(n) bzw. die Hinterbliebenen als Pfandgläubiger die fälligen Versicherungsleistungen unmittelbar an sich verlangen (§§ 50 Abs. 1 & 173 Abs. 1 InsO).
Da der Wert der Versicherungsleistung nicht für die Masse verwertet werden kann, bieten Insolvenzverwalter des Öfteren eine „Abfindung“ an. In diesem Fall würde die Rückdeckungsversicherung auf den beherrschenden GGF übertragen werden. Dieser könnte die Versicherung privat oder beitragsfrei fortführen. Damit wären dann sämtliche Ansprüche aus der Pensionszusage erloschen. Bei dieser Vorgehensweise sind allerdings die steuerlichen Auswirkungen beim GGF näher zu betrachten. Der GGF muss im Jahr des Zuflusses (sprich im Jahr der Übertragung) das Deckungskapital der Rückdeckungsversicherung nach § 19 EStG (unter Anwendung § 34 EStG = Fünftelregelung) versteuern. Eine Abfindung kann nicht erzwungen werden. Der Versorgungsberechtigte muss sich diese nicht aufzwingen lassen. Es besteht allerdings auch kein „Anspruch“, dass der Insolvenzverwalter dieser Vorgehensweise zustimmt.
Es besteht des Weiteren die Möglichkeit, dass der Insolvenzverwalter zustimmt, die Pensionszusage auf ein Lebensversicherungsunternehmen zu übertragen um mit den Mitteln eine Liquidationsdirektversicherung abzuschließen. Die Mittel aus der verpfändeten Rückdeckungsversicherung werden hierzu verwendet. Die Übertragung der Pensionszusage als solche ist nach § 3 Nr. 65 EStG unbegrenzt steuerfrei. Erst wenn die Liquidationsversicherung zur Auszahlung kommt sind die Leistungen zu versteuern. In diesem Fall wird allerdings die Auszahlung der Leistungen steuerlich genauso behandelt wie die ursprüngliche Pensionszusage. Die Versteuerung erfolgt nach § 19 Abs. 2 EStG mit den entsprechenden Freibeträgen.
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5. Insolvenzschutz nach der Pfandreife
Ist zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. während der Dauer des Insolvenzverfahrens die Pfandreife bereits eingetreten (der Versorgungsberechtigte kann bereits Leistungen aus der Pensionszusage verlangen), dann hat der Insolvenzverwalter kein Verwertungsrecht mehr. Das Verwertungsrecht liegt dann nur beim Versorgungsberechtigten bzw. bei seinen Hinterbliebenen (§§ 50 Abs. 1 & 173, Abs. 1 InsO). Der Versorgungsberechtigte kann dann die Auszahlung der Versicherungsleistungen maximal in Höhe der zugesagten und fälligen Pensionsleistungen verlangen.
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6. Hinweise für die Praxis
- Freigabe – zur privaten Weiterführung – unbedingt kritisch prüfen, wegen der Steuerbelastung und dem Verlust der Altersversorgung!
- Auflösung und Hinterlegung des Rückkaufswertes bis zur Pfandreife (z. B. Altersrentenbeginn) – die wohl ungünstigste Variante.
- Abschluss einer Liquidations-Direktversicherung – die u. E. beste Variante, weil steuerlich begünstigt und weil eine lebenslange, jährlich steigende und insolvenzfeste Alters- und Hinterbliebenenversorgung gesichert wird (auf niedrigem Niveau, aber immerhin).
- Beitragsfreie Weiterführung der Rückdeckungsversicherung bis zum Eintritt der Pfandreife.
- Beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer sollten regelmäßig die bestehende Rückdeckungsversicherung im Hinblick auf „Deckungslücken“ überprüfen lassen. Im Hinblick auf den Insolvenzschutz sollten größere Deckungslücken vermieden werden. Im Falle einer Insolvenz steht in aller Regel nur der Wert der verpfändeten Rückdeckungsversicherung zur Verfügung.
- Bitte beachten: Nach einem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf vom 23.4.2009 (I-6 U 58/08 vom 23.04.2009) bedarf nicht nur die Erteilung einer Pensionszusage, sondern auch die zur Sicherung der Pensionsansprüche vorgenommene Verpfändung der Rückdeckungsversicherung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung.
Es sollte im Insolvenzfall auf alle Fälle mit dem Insolvenzverwalter abgestimmt werden, was bei noch nicht eingetretener Pfandreife mit der verpfändeten Rückdeckungsversicherung geschieht: