Newsletter zum BFH-Urteil vom 20.07.2016 (I R 33/15)

Wechsel des Durchführungsweges für den Future Service einer Pensionszusage auf eine Unterstützungskasse – Einhaltung der Erdienbarkeitsfristen bei Beurteilung als Neuzusage

BFH-Urteil vom 20.07.2016 (I R 33/15) – Revisionsentscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Urteil des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt vom 25.02.2015 (3 K 135/12).

Leitsätze der Revisionsentscheidung

1. Der von der Rechtsprechung zu Direktzusagen entwickelte Grundsatz, nach dem sich der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft einen Anspruch auf Altersversorgung regelmäßig nur erdienen kann, wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand noch ein Zeitraum von mindestens zehn Jahren liegt, gilt auch bei einer mittelbaren Versorgungs-zusage in Gestalt einer rückgedeckten Unterstützungskassenzusage.

2. Kann die sog. Erdienens-dauer vom beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mehr abgeleistet werden, ist prinzipiell davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Interesse der Gesellschaft von der (mittelbaren) Versorgungszusage abgesehen hätte. Die von der Gesellschaft als Trägerunternehmen an die Unterstützungskasse geleisteten Zuwendungen sind dann regelmäßig nicht als Betriebsausgaben abziehbar.

 Der Sachverhalt

Für einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) bestand eine Pensionszusage, für die der Durchführungsweg teilweise gewechselt wurde. Der erdiente Teil der Altersrente (Past Service) blieb im Durch-führungsweg Direktzusage bestehen, der noch zu erdienende Teil der Altersrente (Future Service) wurde erhöht und auf den Durchführungsweg „kongruent rückgedeckte Unterstützungskasse“ ausgelagert. Eine zugesagte Witwenrentenversorgung wurde für Past- und Future-service ausgeschlossen. Diese Änderungen wurden in einer Vereinbarung zur Änderung der Versorgungszusage schriftlich formuliert. Der versorgungsberechtigte GGF war zu diesem Zeitpunkt bereits 56 Jahre alt.

Bei einer Betriebsprüfung wurde die Versorgung über die Unterstützungskasse steuerlich nicht anerkannt, da die Erdienbarkeitsfrist von 10 Jahren bis zum Pensionsalter nicht mehr erfüllt werden konnte. Es wurde jedoch nicht nur der Erhöhung, sondern der kompletten Unterstützungskassenversorgung die steuerliche Anerkennung versagt. Die Firma klagte vor dem Finanzgericht – unterlag – und ging beim BFH in Revision.

Die Entscheidungsgründe des BFH-Urteils

Gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4d Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Zuwendungen an eine Unterstützungskasse von dem Unternehmen, das die Zuwendungen leistet (Trägerunternehmen), als Betriebsausgaben abgezogen werden, soweit die Leistungen der Kasse, wenn sie vom Trägerunternehmen unmittelbar erbracht würden, bei diesem betrieblich veranlasst wären.

In der Spruchpraxis des Senats ist anerkannt, dass eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung von Versorgungszusagen als Grundlage von i.S. des § 4d Abs. 1 Satz 1 EStG gedachten Versorgungsleistungen einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter dann gegeben sein kann, wenn sich der Gesellschafter diese Leistungen im Zeitraum zwischen der Erteilung der Zusage und seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis nicht mehr erdienen kann. Das ist im Allgemeinen anzunehmen, wenn die Zusage einem Gesellschafter-Geschäftsführer erteilt wurde und dieser im Zusagezeitpunkt das 60. Lebensjahr vollendet hatte oder wenn zwischen dem Zusage-zeitpunkt und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand nur noch eine kurze Zeitspanne liegt, in der der Versorgungsanspruch vom Begünstigten nicht mehr erdient werden kann. In solchen Fällen ist prinzipiell davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Interesse der Gesellschaft von der Erteilung einer Pensionszusage abgesehen hätte. Es liegt dann regelmäßig eine vGA vor. Ein Versorgungsanspruch ist nach ständiger Senatsrechtsprechung von einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich nur dann erdienbar, wenn zwischen der Erteilung der Pensionszusage und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand ein Zeitraum von mindestens zehn Jahren liegt. Da der Gesellschafter- Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Änderung der Vereinbarung bereits 56 Jahre alt war, war diese Voraussetzung nicht mehr gegeben.

Weiterhin sah das Gericht in diesem Fall die Zuwendungen nicht betrieblich sondern als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst an, da die streitgegenständliche Altersversorgungszusage nicht lediglich als Änderung einer bestehenden Versorgungs-zusage, sondern als eine Neuzusage gesehen wird; …und hier liegt eigentlich des Pudels Kern! Mit der Änderungsvereinbarung vom 12. November 2008 wurde sowohl der Durchführungsweg als auch der Inhalt der Zusage geändert. Hierbei handelte es sich laut Gericht nicht lediglich um eine Formalie. Vielmehr wurde mit dem Wechsel des Versorgungsweges in rechtlicher Hinsicht eine wesentliche Statusänderung vorgenommen. Der begünstigte Arbeitnehmer erhielt in Gestalt der Unterstützungskasse einen neuen Vertragspartner und er verlor hinsichtlich des noch zu erdienenden Teils der Altersversorgung zugleich seinen Direktanspruch gegen die Klägerin. Die Entkoppelung der auf die zurückliegende Dienstzeit entfallenden von der in Zukunft noch zu erdienenden Altersrentenversorgung unterstreicht ebenfalls den Charakter der Vereinbarung als Neuzusage; und Diese muss nach den vorstehend genannten Fristen neu erdient werden. Beachtenswert ist, dass in der Urteilsbegründung hinsichtlich der Erdienbarkeitsfristen der Fokus mehr auf die „Einrichtung einer Neuzusage“ als auf die Erhöhung des Future- Service gerichtet war.

Das Urteil

Der BFH kam nun – folgend der Vorinstanz – zum Ergebnis, dass es sich bei der Auslagerung um eine „Neuzusage“ handelt. Und hier gilt die Erdienbarkeit neu zu durchlaufen.

Die Unsicherheit für die Praxis gibt sich jetzt aus dem Urteilstext. In seinen Entscheidungsgründen stellt der BFH nicht eindeutig auf die Erhöhung als Begründung für die Annahme einer Neuzusage ab, sondern vielmehr auf die rechtlichen Rahmenbedingungen (Unterstützungskasse als neuer Vertragspartner des Arbeitnehmers und Verlust des noch zu erdienenden Teils der Direktzusage gegen den Arbeitgeber). Nach dem Urteilstext belegt zudem der Erhalt des auf den Past Service beruhenden Teils der Anwartschaft, losgelöst von der künftigen Dienstzeit den Charakter einer Neuzusage.

Empfehlung

Die Aussagen des BFH in der Urteilsbegründung / Urteilstext (Unterstützungskasse als neuer Vertragspartner und Verlust des Direktanspruchs gegenüber dem AG für den Future Service) könnten auch für alle anderen Fälle des Durchführungswechsels im fortgeschrittenen Alter des Gesellschafter – Geschäftsführers als Begründung für die Versagung des Betriebsausgabenabzugs herangezogen werden. Da bisher von Seiten der Finanzverwaltung noch keinerlei Aussage darüber getroffen wurde, wie sie mit diesem Urteil umgeht und welche Vorgehensweise ggfs. nicht dazu geführt hätte den Wechsel des Durchführungsweges als Neuzusage zu beurteilen, empfiehlt es sich für die Praxis frühzeitig die Probleme anzugehen.

Ihre
gpz GmbH – Gesellschaft für Pensionszusagen